Das Plusquamperfekt
Was ist das Plusquamperfekt?
Das Plusquamperfekt ist ein Tempus, also eine grammatikalische Kategorie, die mit dem Verb zu tun hat.
Das Plusquamperfekt wird auch als „Vorvergangenheit“ bezeichnet. Damit ist gemeint, dass eine Handlung oder ein Ereignis in der Vergangenheit schon Vergangenheit war.
Beispiele:
„Nachdem er alle Zutaten eingekauft hatte, begann er mit dem Kochen.“
(Das heißt: Als er mit dem Kochen begann, war das Einkaufen schon komplett erledigt und beendet)
„Gleich nachdem ich am S-Bahnhof angekommen war, kam auch schon die S-Bahn.“
(Das heißt: Ich war komplett auf dem Bahnsteig, als die S-Bahn einfuhr)
Was bedeutet das Plusquamperfekt?
Viele Deutschlerner/innen denken, dass das Plusquamperfekt "Vorvergangenheit" bedeutet: Ein Ereignis war in der Vergangenheit schon Vergangenheit.
Und das ist eigentlich nicht ganz korrekt. Das Problem dabei ist: "Vorvergangenheit", "Vergangenheit" etc. sind Zeit-Begriffe und damit objektiv oder absolut. Deshalb glauben viele Deutschlerner/innen, dass wir das Plusquamperfekt unbedingt verwenden müssen, wenn wir über ein Ereignis sprechen, das in der Vergangenheit schon vergangen war. Und das stimmt nicht.
Besser ist folgende Erklärung:
Plusquamperfekt bedeutet "emotionale Distanz"
"Emotionale Distanz" im Sinne von "Das Ereignis ist absolut unwichtig für mich", "Es hat keinen Effekt auf mich und meine Gegenwart", "Ich bin emotional nicht involviert, wenn ich über das Ereignis spreche"
=> Das Ereignis ist unwichtig, weil es sehr weit in der Vergangenheit liegt (sogar noch vor anderen Ereignissen, die auch in der Vergangenheit sind)
=> Ich distanziere mich aus anderen Gründen von diesem Ereignis (z. B. aus Höflichkeit)
Wie bildet man das Plusquamperfekt?
Das Plusquamperfekt besteht aus
-> dem Hilfsverb "haben" oder "sein" im Präteritum (also "hatte" und "war")
-> dem Partizip II
Muss ich bei "Vorvergangenheit" immer das Plusquamperfekt benutzen?
Nein! Als Zeitangabe ist das Plusquamperfekt obsolet bzw. redundant. Denn wir haben ja schon gelernt:
1) Das Perfekt bedeutet "Das Ereignis ist abgeschlossen/fertig"
2) Die Information "Das Ereignis ist abgeschlossen" kann sich auf die Gegenwart, die Zukunft oder die Vergangenheit beziehen.
1) + 2) => Der folgende Satz ist absolut korrektes Deutsch:
Nachdem ich gestern meine Hausaufgaben fertiggemacht habe, bin ich in den Park gegangen.
Der Satz handelt von der Vergangenheit (-> "gestern"), und in der Vergangenheit ist (bzw. war) das Ereignis "Ich mache die Hausaufgaben fertig" schon abgeschlossen.
Anders ausgedrückt: Man kann auch ohne Plusquamperfekt korrektes Deutsch sprechen! Aber man sollte das Plusquamperfekt in B1 oder spätestens B2 lernen, um damit bestimmte Bedeutungsnuancen auszudrücken.
Wann verwenden wir das Plusquamperfekt?
Das Plusquamperfekt gehört zum formellen Deutsch. Das bedeutet, dass es vor allem im schriftlichen Deutsch (Berichte, Kommunikation mit Behörden etc.) verwendet wird:
Nachdem ich gestern meine Hausaufgaben gemacht hatte, ging ich in den Park. Dort traf ich einen Freund ... (Ein Schüler schreibt einen Aufsatz über sein Wochenende)
"Ciao Jan! Und, was hast du gestern gemacht?"
"Servus! Na ja, nachdem ich die Hausaufgaben gemacht habe, bin ich in den Park gegangen. Und stell dir vor: Dort habe ich Philipp getroffen!"
(Derselbe Schüler spricht nach der Schule mit einem Kumpel)
Das "Plusquamperfekt der Höflichkeit"
Beim Sprechen verwenden wir das Plusquamperfekt im Sinne von „Vorvergangenheit“ nur sehr selten, denn es klingt zu literarisch. Außerdem ist es redundant, denn für die Information „abgeschlossen“ haben wir ja schon das Perfekt (-> siehe oben).
Aber wir verwenden manchmal das Plusquamperfekt, wenn wir besonders höflich sein möchten.
Beispiel 1: Sie rufen bei einer Sprachschule an, weil Sie sich für eine Deutschprüfung anmelden möchten. Die Dame am Telefon sagt Ihnen, dass der Kollege, der für die Prüfungen zuständig ist, krank ist, und bittet Sie, am nächsten Tag noch einmal anzurufen. Am nächsten Tag rufen Sie noch einmal an und sagen am Telefon Folgendes:
"Guten Tag, hier ist XYZ. Ich hatte gestern schon einmal angerufen. Es geht um die Sprachprüfung, und ...
Beispiel 2: Sie sitzen mit Freunden in einem Restaurant, alle haben schon bestellt und warten auf das Essen. Der Kellner kommt und bringt verschiedene Gerichte. Er fragt:
"Wer von Ihnen hatte die Pizza Hawaii mit extra Hackfleisch bestellt?"
In beiden Fällen ergibt "Vorvergangenheit" keinen Sinn. Aber wenn wir uns erinnern, dass das Plusquamperfekt eigentlich "emotionale Distanz" bedeutet, ist der Gebrauch hier verständlich.
Weitere nützliche Links
Sie möchten die Formen von "war" und "hatte" noch einmal wiederholen? Hier finden Sie ein paar Übungen:
- Wählen Sie die richtige Verbform aus (A1, Schubert)
- Ergänzen Sie die richtige Form von „haben“ oder „sein“ (A1, Menschen)
- Die Party - Ergänzen Sie die richtige Form von „sein“ (A1, Schritte)
- Die Party - Ergänzen Sie „sein“ oder „haben“ in der richtigen Form (A1, Schritte international)
Das Plusquamperfekt selbst können Sie mit diesen Übungen wiederholen: